Enneagramm
Das Enneagramm der Charakterfixierung
Enneagramm – Was ist das?
Wie andere Typologien auch ist das Enneagramm ein Klassifikationsschema. Der Begriff Enneagramm stammt aus dem Griechischen (ennea-gramm) und bedeutet „Neuneck“. Das Enneagramm der Charakterfixierung bietet einen Weg, Charaktertypen zu identifizieren. Es enthüllt in großem Maße, wie einzigartig jeder einzelne von uns ist und es birgt ein ungeheures Potential zur persönlichen Weiterentwicklung und zum persönlichen Wachstum.
Diesem System liegen neun Charaktertypen zugrunde, die innerhalb eines Kreises und eines Hauptdreiecks dargestellt sind. Je nach dem jeweilig persönlichen Typ wandelt sich die Einstellung des einzelnen bezüglich des Denkens, Fühlens und Handelns.
Die neun Typen werden in drei Hauptbereiche unterteilt, sodass man davon ausgeht, dass jeder Charakter auf einer Grundhaltung basiert. Angetrieben werden diese Grundhaltungen durch Zorn (Bauch / Instinkt), Image/Hysterie (Herz / Emotion) und Angst (Kopf / Intellekt).
Jeder von uns hat drei Körper, einen physischen (Bauch), einen emotionalen (Herz) und einen mentalen (Kopf). Bei der Kristallisierung unseres Charakters entwickelten wir die Stärke zu einem dieser Körper übermäßig.
Die drei Hauptgruppen bestehen wiederum aus drei Versionen, das bedeutet: Es existieren
drei Zorn-Punkte (Bauch / Instinkt), drei Image/Hysterie-Punkte (Herz / Emotion)
drei Angst-Punkte (Kopf / Intellekt).
Zusammen ergeben sie die neun Grundtypen.
Zu anderen Systemen wie Numerologie und Astrologie besteht keine Verbindung, jedoch mit dem Wissen des Enneagramms wird für andere Systeme zur Klassifizierung von Persönlichkeit und Charakter ein besseres Verstehen ermöglicht.
Es sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es sich bei dem Enneagramm um Charakter- und nicht nur um Persönlichkeitsfixierungen handelt. Der Charakter bildet das Fundament, auf dieses baut sich die Persönlichkeit auf.
Tatsächlich lässt sich eine Persönlichkeit unter Hypnose durch Verhaltensänderungen beeinflussen, ein Charakter jedoch niemals.
Eine Charakterfixierung bleibt lebenslang dieselbe !
Es ist nicht einfach, den eigenen Enneagramm-Typ und den anderer zu bestimmen, jedoch kann man es erlernen, indem man auf bestimmte Muster achtet und auf die Art und Weise, wie derjenige damit umgeht. Insbesondere geht es dabei um Themen wie Verantwortung, Kontrolle, Erfolg, Zorn und Macht/Autorität. Jeder Typ aus dem Enneagramm reagiert unterschiedlich auf diese Problembereiche.
Symbol
(Orientierungsrahmen)
Grundhaltung
Typus
GrundprogrammHerz
(Emotion)
Hysterie
2: der Helfer
3: der Macher
4: der Künstler
anderen helfen wollen
erfolgreich sein wollen
außergewöhnlich sein wollen Kopf
(Intellekt)
Angst
5: der Denker
6: der Loyale
7: der Vielseitige
analysieren wollen (Umwelt)
pflichtbewusst sein wollen
neue Dinge tun wollen
Bauch
(Instinkt)
Zorn
8: der Führer
9: der Friedliebende
1: der Perfektionist
Macht haben wollen
sich mit anderen identifizieren
perfektionieren wollen
Enneagramm Typen:
Typus 1: der Perfektionist
Typus 2: der Helfer
Typus 3: der Macher
Typus 4: der Künstler
Typus 5: der Denker
Typus 6: der Loyale
Typus 7: der Vielseitige
Typus 8: der Führer
Typus 9: der Friedliebende
Die Sufis (asketisch mystische Richtung im Islam) gingen davon aus, dass gerade die Begabungen, die Stärken, die wir Menschen aufweisen, uns letztendlich zur Falle werden. Wir neigen dazu, uns auf unsere Stärken zu fixieren und uns mit ihnen zu identifizieren, ohne dabei auf die anderen Seiten dieser Begabungen zu achten, so dass ein Ungleichgewicht entsteht. Wenn z.B. ein Dreier im Enneagramm als Stärke die Erbringung von Leistung zeigt und darauf stolz ist, kann diese Stärke ihm jedoch den Zugang zu seinen Gefühlen verwehren, weil er nach außen orientiert agiert. Somit kann er sein Entwicklungs-Potential nicht ausleben und lebt eher eingeschränkt.
Das Enneagramm bietet jedoch die Möglichkeit, dieses in der Arbeit mit sich selbst oder anderen zu erkennen und z.B. mittels entsprechender NLP-Strategien Entwicklung und Wachstum zu erreichen.
Wie bereits anfangs erwähnt, unterscheiden wir bei dieser Typenlehre neun
unterschiedliche Persönlichkeits-Typen, jeder trägt von jedem Typus etwas in sich, jedoch hat er immer einen Grundtypus.
Jeder dieser neun Grundtypen wird von seinen Flügeltypen beeinflusst, die jeweils zu beiden Seiten des Grundtyps angesiedelt sind.
Weiterhin bewegt sich der Grundtyp, wenn er sich im Stress befindet, auf Aspekte eines anderen Charaktertypen zu (Stresspunkt), wenn er sich in Sicherheit befindet, auf einen weiteren Typ zu (Trost- / Sicherheitspunkt).
Stress und Sicherheit sollten in diesem Kontext wertfrei betrachtet werden. Stress hat hier keine negative und Sicherheit keine positive Zuordnung. Stress kann durchaus positiv und Sicherheit dagegen auch negativ sein, je nach Kontext der betreffenden Person. Je nach Bedarf kann man sich in die eine oder in die andere Richtung bewegen und die jeweiligen Aspekte als Hilfspool oder Falle nutzen.
Eine Möglichkeit sich das Konzept klar zu machen, besteht darin, sich vorzustellen, der Enneagramm-Kreis bestünde aus einer Reihe von Punkten und jeder Mensch findet auf einem dieser Punkte seinen Platz. Dieser kann z.B. zwischen zwei Typen oder näher an einem bestimmten liegen. Die Position des Punktes bestimmt den Einfluss eines Flügels. (Die Position wandelt sich innerhalb eines Typen-Rahmen im Laufe des Lebens durch entsprechende Einflüsse.)
Enneagramm-Spezialisten unterteilen zusätzlich zu den Flügeln und Stress- / Trostpunkten jeden Charaktertyp noch in den Bereich 1. selbsterhaltend (auf sich selbst orientiert), 2. sozial (gruppenorientiert) und 3. sexuell auf einzelne Personen orientiert).
z.B. auf einer Party verhält sich eine zwei in den einzelnen Kategorien wie folgt:
betritt den Raum und versorgt sich mit Essen und Trinkenkümmert sich darum, dass es allen gut gehtkontaktfreudig und verführerisch
Innerhalb der neun Charaktertypen gibt es drei Triaden, die Ähnlichkeiten miteinander aufweisen.
Für die Zweier-, Dreier-, Vierer-Triade ist die Kernfrage
die nach der Identität, wer bin ich? Ihr Intelligenzzentrum ist das Herz und die Richtung ihrer Grundabwehr ist hin zu. Sie suchen Applaus und Annahme und wissen nicht, wer sie wirklich sind.
Für die Fünfer-, Sechser-, Siebener-Triade dreht sich alles
um die Angst, ihr Zentrum der Intelligenz ist der Kopf und die Richtung ihrer Grundabwehr ist weg von.Verwicklungen und Intimität sind nicht ihr Thema , sie reagieren aus Angst, sie schützen sich durch Rückzug.
Bei der Achter-, Neuner-, Einser-Triade ist
das Thema Zorn, der Bauch ist ihr Zentrum und ihre Hauptabwehr gegen. Sie kämpfen dagegen, sich von anderen unterdrücken zu lassen. Sie reagieren impulsiv.
Geschichte des Enneagramms
Die Ursprünge des Enneagramms sind in Spekulationen und geheimnisvolles Dunkel gehüllt, da es auf dem mündlichen Wege vom Lehrer zum Schüler weitergegeben wurde. Die Befürchtung vor Missbrauch dieser Lehren war groß und die Sorge, es könne in falsche Hände geraten, ebenfalls.
Als Typologie findet man das Enneagramm zum ersten Mal bei dem berühmten spirituellen Lehrer Georg Iwanowitsch Gurdjieff (ca. 1872-1940), der es angeblich aus einem Sufi-Orden (asketisch mystische Islamrichtung) vor etwa 80 Jahren in seiner heute gebräuchlichen Form in den Westen brachte.
Einer von Gurdjieffs Schülern, P.D. Ouspenskis sei als maßgeblicher Mitverbreiter dieser Typologie erwähnt.
Oscar Ichazo, der Begründer des Arica-Instituts, entwickelte dieses System weiter und lehrte es in den sechziger Jahren in Chile und machte es anschließend in den USA als Persönlichkeitsbeschreibung populär.
Einer seiner Schüler war u.a. der Psychiater Claudio Naranjo. Bis in die siebziger Jahre hinein wurde nur mündlich unterrichtet, erst in den achtziger Jahren wurden erste inoffizielle Unterlagen der Veröffentlichung preis gegeben.
Ob wissenschaftlich belegbar oder tatsächlich wahr, scheint für diese Typologie unwesentlich. Entscheidend ist, dass sie einen Nutzen bietet, insbesondere für NLP-Anwender.
Typus
Aus der Leidenschaft
abgeleitete Eigenschaften Kurzprofil2 HelferAus Stolz:
Besitzergreifend, manipulativ, fürsorglich, großmütigDas Gefühl, geliebt werden zu wollen, indem man andere zufrieden stellt. Der Helfer macht die Erfahrung, dass er das erhält, was er will, indem er sich unentbehrlich macht. Diese Unentbehrlichkeit begründet seinen Stolz.3 MacherAus Eitelkeit:
Selbstsicher, ehrgeizig, erfolgsorientiert, narzisstischDer Macher möchte aufgrund seiner Leistung belohnt, beachtet und gelobt werden. Im Vordergrund steht zu siegen. Starke Betonung liegt auf dem Konformgehen anerkannter Imagevorstellungen. 4 KünstlerAus Neid:
Introvertiert, launisch, schöpferisch, depressiv, melanchonisch
Der Vierer hat ein Gefühl des Verlassenseins, des Verlustes. Er projiziert seine Gefühle gern ins Unerreichbare. Seine romantische Sehnsucht betrachtet er als Unterscheidung zu den anderen, obgleich er sie um deren „Normalität“ beneidet. 5 DenkerAus Habsucht:
Analytisch, scharfsinnig, exzentrisch,handlungsgehemmt, dissoziiert, paranoidDer Denker zieht sich nach innen zurück und lässt sich nicht ein. Keinesfalls möchte er in Gefühle verstrickt werden. In Ruhe gelassen zu werden setzt er gleich mit Sicherheit. Er braucht viele Informationen über sein Umfeld.6 Loyaler
Aus Angst:
Pflichtbewusst, abhängig, verbindlich, paranoid, masochistischSelbständiges Handeln, unangenehm für den Loyalen. Hiermit würde er die Sicherheiten der ihn schützenden Autoritäten aufs Spiel setzen.7 OptimistAus Maßlosigkeit:
Impulsiv, manisch, oberflächlich, lustbetont, vielseitig, exzessivDer Siebener hat die Eigenschaft, sich in die grenzenlose Bereiche phantastischer Imagination begeben zu können. Er ist allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, um Langeweile zu vermeiden. Schmerz und Entscheidungen meidet er tunlichst.8 FührerAus Wollust:
Expansiv, aggressiv, destruktiv, selbstbewusst, exzessivFür den Führer ist Macht das Thema. Stark sein und keine Schwäche zeigen. Kompromisslos geht er bis an die Grenzen. Er liebt Herausforderungen besonders. Andere zu beherrschen ist aus Gründen der eigenen Sicherheit wichtig. 9 Friedliebender
Aus Trägheit:
Anpassungsfähig, passiv, phlegmatisch, friedfertig, gleichmütig
Der Friedliebende legt großen Wert auf Frieden und Harmonie. Das Vereint-Sein mit einem lieben Menschen ist Ihn total wichtig, dafür gibt er gern ihre eigenen Ziele auf. Identifikation mit dem anderen.1 Perfektionist Aus Zorn:
Streng, prinzipientreu, streng, moralistisch, idealistischDer Perfektionist hat hohe Maßstäbe und Prinzipien. Er besitzt persönliche und moralische Integrität. Denken fällt ihm leichter als Fühlen. Er arbeitet viel und hart und verdrängt seine eigenen Wünsche. Er hat das Bedürfnis, seine Umgebung zu kontrollieren.
Jeder Typus des Enneagramms lebt aus einem Energiezentrum, nämlich dem seiner Leidenschaft. Jeder besitzt von allen Fixierungen einen Teil. Nur die Hauptfixierung, also der Grundtyp, entwickelt eine eigene Dynamik , z.B. Angst, Zorn, Wollust etc..
Die Leidenschaft beherrscht seine Existenz . Seine Werturteile und sein Handeln begreift er daraus. In Abhängigkeit davon, wie der einzelne seine Leidenschaften einsetzt bzw. lebt, kann er sie transformieren oder sich von ihnen vereinnahmen lassen.
Nutzung des Enneagramms
Es gibt eine berühmte Sufi-Geschichte über Mullah Naser Id´n:
Der Mullah hat eines Nachts seinen Haustürschlüssel verloren. Auf allen Vieren sucht er im Lichtschein einer Straßenlaterne wie besessen jeden Zentimeter nach seinem Schlüssel ab. Ein Freund kommt vorbei und fragt: “Was machst Du da?“ Der Mullah antwortet: “Ich suche meinen Schlüssel.“ Sein Freund sagt: „Oh, wirklich Hast Du ihn denn unter der Laterne verloren?“ Der Mullag schaut grinsend zu ihm hoch und meint: „ Nein, ich habe ihn tatsächlich nicht hier, sondern dort drüben in den dunklen Büschen an der Pforte verloren, aber hier im Licht sieht man so viel besser.“
Quelle: Die neun Zahlen des Lebens Eli Jaxon –Bear.
Gurdjieff sagte:“ Jeder von uns hat eine Haupteigenschaft, und diese Haupteigenschaft ist für uns am schwersten zu erkennen. Wir schauen lieber unter der Straßenlaterne nach als die Haupteigenschaft anzusehen.“
Der jeweilige Typus des Enneagramms beschreibt zunächst eine psychische Grundstruktur. Die wird durch entsprechende Interaktionsprozesse in der frühkindliche Phase bereits gelegt, allerdings existiert auch die Hypothese, dass eine entsprechende Grundstruktur bereits angeboren ist.
Bei der Grundstruktur handelt es sich um verfestigte Programmstrukturen, die unseren Charakter auf einer Generalkarte fixieren, die wir mit anderen Menschen gemeinsam haben, unabhängig von individualtypischen Unterschieden.
Keiner der Typen ist – losgelöst vom Kontext – besser oder schlechter als ein anderer Typus. Es sind auch nicht alle Typ-Eigenschaften bei jedem Typus gleichermaßen vertreten.
Jedoch besitzt jeder Typus charakteristische Stärken und Schwächen, die ihn besonders hervorheben und die ihm ein bestimmtes Entwicklungs-Potential ermöglichen durch das ihm eigene Kraftfeld.
Dabei ist es eher unwesentlich, welchen Typus man genau darstellt, eher ist es wichtig seine Fixierung zu kennen, um den entsprechenden Entwicklungsspielraum ausschöpfen zu können und in der Kommunikation mit anderen übertragen zu können.
Dieses ist mittels Einsatz bestimmter Enneagramm-Tests und Selbstentdeckung anhand der Typ-Charakteristiken möglich.
Das Enneagramm liefert uns den Spiegel, somit erhalten wir die Möglichkeit zu erkennen, wie mechanisiert unser Ego funktioniert. Oft ist es schmerzhaft, dieses Wissen zu erfahren und festzustellen, dass das, mit dem wir uns identifiziert haben und als Einzigartigkeit unseres Selbst betrachtet haben, lediglich ein Verhaltensmuster ist und so vorhersagbar wie ein Computerprogramm.
Das Enneagramm ist als Werkzeug zu betrachten und kann bei falschem Gebrauch dazu führen, dass man in seiner persönlichen Entwicklung noch mehr in die Ego-Fixierung zurückfällt, Ken Wilber nennt es „Vor-Bewusstsein“.
Ähnlich wie die Geschichte des Wochenendtrinkers, der eines Tages erwacht und feststellt, dass er Alkoholiker ist, um diese Erkenntnis dann als Legitimation zu betrachten, ständig trinken zu können.
Auf das Enneagramm bezogen bedeutet dieses, dass es dann eine Gefahr darstellt, wenn wir es als Mustererkennung nutzen und in diesem Muster trotzdem bleiben.
Don R. Riso, ein Schüler Naranjos, unterscheidet jeden Typus nach Entwicklungsstufe und persönlicher Weiterentwicklung in gesund, durchschnittlich und gestört, wie nachfolgend aufgeführt:
Entwicklungsstufen, die sich aus der Dynamik des Enneagramms ergeben:
befreitspirituell ÞÞ Integration (transpersonal)sozialunbalanciertsozial kontrolliert Normalbereichüberkompensiert
gewalttätigzwanghaft ÞÞ Desintegration (egofixiert)9. selbstzerstörerisch
Mit Hilfe dieses Systems ist es möglich, unsere Muster und die der anderen zu erkennen und wahrzunehmen, dass jeder von uns anders „verbunden“ ist, und dass jeder beim Erfüllen derselben Aufgabe einen anderen Prozess durchläuft. Verzeihen kann dann stattfinden. Bei uns selbst, Partnern, Familie, Freunden etc.
Somit können wir uns vorstellen, dass wir von den Menschen um uns herum nicht erwarten können, sie sollten anders sein, als sie sind. Apfelsinen pflücken wir auch nicht von einem Zitronenbaum.